Ken Bos


Das Haus macht sich einen schönen Tag


(2008)


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Als ich neulich eines morgens aus dem fenster guckte, stellte ich fest, dass mein haus nicht mehr da war. genau genommen sah ich gerade noch den stein an der hauspforte um die ecke verschwinden, den stein, an dem der große gelbe hund vom nachbarhaus immer das bein hebt und gegenpinkelt,

He, rief ich, haus, wo willst du hin?
ich hab mir heute mal frei genommen, nachher komme ich wieder, klang es um die ecke.
und was soll ich machen, ohne haus, fragte ich?
mach dir auch einen schönen tag, antwortete das haus und verschwand.

Ok, wenn das haus weg ist, bleibt mir wohl nicht anderes übrig, dachte ich. und dann fiel mir auf, dass ich doch in der luft hängen müsste, denn schließlich wohnte ich ja im 11ten stock. ich schaute unter mich - und tatsächlich, da war nichts. ich konnte direkt unter mir, 11 stockwerke tiefer, ein großes loch sehen an der stelle, wo sonst der fußboden gewesen wäre. ich stand in der luft, ohne dass ich runterfiel.

Vor dem loch, in dem das haus sonst war, verlief wie gewohnt die straße mit den autos, den leuten und einer kleinen schwarzen katze, die erstaunt über den rand hinweg in das loch guckte.
kätzchen, pass auf, ich komme jetzt runter, rief ich.
das kätzchen schaute hoch und bekam einen großen schrecken.
sieh zu, dass du nicht auf mich fällst, mauzte es ängstlich zu mir hoch.
keine angst, sagte ich und legte die arme seitlich an meinen körper, wedelte auf höhe meines hinterns etwas mit den händen, wodurch ich mich langsam in bewegung setzte und richtung straße schwebte. ich landete neben dem kätzchen.
das ist ein dingelchen, nicht wahr? sagte ich. ein haus macht einfach mal nen tag frei. gibt es sowas?
mir ist das nicht neu, sagte das kätzchen, aber es grinste dabei. ne starke nummer vom haus, lachte nun das kätzchen laut, was eher eher wie ein husten klang: ganz schön mutig.
na, sagte ich, mir soll's recht sein, hauptsache, das haus kommt zurück.
jaja, mach dir keine sorgen, das haus kommt bestimmt zurück, wo solle es denn sonst bleiben, es passt doch nur genau in dieses loch hier, woanders passt es doch gar nicht hin.

Richtig, sagte ich nachdenklich, da hast du auch wieder recht --- und was machen wir jetzt?
was du machst, weiß ich nicht, mauzte das kätzchen, aber ich leg mich in die sonne und lasse sie mir auf den pelz scheinen und dabei streckte es sich und machte es sich auf einem dicken wasserrohr, das sich über dem boden krümmte, bequem.

Rechts und links neben dem wasserrohr gab es rohrstüpfe und kabelreste. aus einem rohrstumpf schoss eine schmale wassersäule drei meter hoch in die luft und beugte sich zurück zur erde und ergoss sich plätschend in einen kleinen see, der sich im erdloch gebildet hatte.

Ja, sagte ich fragend zum kätzchen, wenn nun aber jedesmal, wenn ein haus blau macht, das ganze fundament absäuft, und der strom unterbrochen wird und ...
mach dir keinen kopf, antwortete das kätzchen schnell. erstens machen häuser nur sehr selten mal ne kreative pause und wenn, dann in der regel auch sehr sehr kurz nur, manchmal nur für millisekunden. die menschen merken das kaum. da flackert kurz das licht und im keller steht ein bisschen wasser - da fällt den menschen immer ein vernünftiger grund zur erklärung ein. die wissen doch gar nichts. - fast ein bisschen patzig endete das schlaue kätzchen und streckte sich wieder auf das wasserrohr hin.

Ich wartete ein bisschen und traute mich dann meine letzte, und wichtigste, frage zu stellen: und warum ist unser haus nun wirklich weg?
wirklich weg? was heißt das denn, schnurrte das kätzchen bei geschlossenen augen. wirklich? wirklich ist gar nichts. schau dich um! was ist hier wirklich?

Ich drehte mich langsam einmal um die eigene achse und breitete die arme aus und fing an zu zeigen und aufzuzählen: das straßenschild, der zaun ... und dann, während ich mich langsam drehte, stie&;szlig gegen etwas. ich schaute mich um und es war die wand in meinem schlafzimmer. nanu, dachte ich, ich denke, das haus ist fort? aber da merkte ich, dass ich in meinem bettchen lag und aufgewacht war - es war wohl alles nur ein traum gewesen? oder war das die millisekunde, von dem das kätzchen gesprochen hatte und ich war zufällig zeuge geworden?

Sicherheitshalber schaute ich aus dem fenster - aber alles war ganz normal, das haus war da, die straße war da. keinerlei spuren, dass mein haus sich nach einem ausflug wieder in sein fundamentloch gezwängt hätte und dabei den kleinen wassersee, der sich ja an den wasserrohrstümpfen gebildet hatte, nach außen verdrängt hätte.

Nur das kleine schwarze kätzchen fehlte --- es hatte sicher seinen platz auf dem wasserrohr geräumt und vielleicht träumte es ja gerade etwas schönes in der straße links um die ecke, wo ich die sonne scheinen sehen konnte..

Und die pfütze dort am parkplatz war doch gestern auch schon da, oder?

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